Kinder brauchen Lob. Es motiviert, gibt Sicherheit und stärkt das Selbstbewusstsein. Doch wie bei so vielem gilt auch hier: Die richtige Dosierung macht den Unterschied.
Gerade im pädagogischen Alltag erlebe ich es immer wieder: Ein Kind macht einen Fehler – und wird trotzdem mit „Super!“, „Ganz toll gemacht!“ oder „Das war klasse!“ überschüttet. Natürlich ist es wichtig, ermutigend und freundlich zu sein. Aber wenn Lob nicht mehr ehrlich oder nachvollziehbar ist, verliert es seinen Wert.
🎯 Warum übermäßiges Lob problematisch ist
Wenn Kinder immer hören, dass sie „alles toll machen“, selbst wenn das Ergebnis objektiv nicht stimmt, entsteht ein Ungleichgewicht:
Sie glauben dem Lob nicht mehr. Oder schlimmer: Sie hören irgendwann gar nicht mehr richtig hin.
Ein „Toll gemacht!“ ist dann nur noch eine leere Worthülse – und keine echte Rückmeldung.
Kinder spüren sehr genau, ob wir es ernst meinen. Sie vertrauen uns. Und genau deshalb ist es so wichtig, ehrlich und glaubwürdig zu bleiben.
🌀 Zwischen Lob, Routine und Sicherheit: Die Rolle der Sticker
In meinem Unterricht spielen Sticker eine besondere Rolle – nicht als reines Belohnungssystem, sondern als Teil einer liebevollen, verlässlichen Routine.
Am Anfang des Schuljahres bekommt jedes Kind ein Heft für die Hausaufgaben - Auswahl aus verschiedenen Farben. Darin sammeln sie im Lauf der Wochen ihre ganz persönlichen Aufkleber – und zwar nicht für „Leistung“, sondern für Teilnahme, Mut, fürs Dabeisein und für die Hausaufgaben – egal, ob alles richtig ist oder nicht.
👉 Dieses Heft wächst mit – sichtbar, bunt und ganz individuell auf der ersten Seite, aber auch die Dicke wächst mit jeder Hausaufgabe.
👉 Das Ritual gibt den Kindern Orientierung und Sicherheit: Sie wissen, was kommt, und sie freuen sich darauf.
Sticker ersetzen kein echtes Lob – aber sie verstärken liebevoll die Botschaft:
„Ich hab gesehen, dass du heute da warst, dich eingebracht hast, dich getraut hast.“ Manchmal gibt's dann auch einen Extrasticker. 🐝🌟👍
🤲 Ermutigen ohne zu beschönigen
Das bedeutet nicht, dass wir bei Fehlern kritisieren oder entmutigen sollen. Im Gegenteil:
Ein Satz wie
👉 „Das war schwer – aber du hast dich getraut!“
oder
👉 „Schau mal, du hast schon den ersten Teil richtig – der zweite braucht noch ein bisschen Übung.“
ist oft viel wirkungsvoller als ein allgemeines „Gut gemacht“, das nicht auf die Situation eingeht.
Wir dürfen und sollen die Anstrengung loben – und nicht nur das Ergebnis.
💡 Authentisch loben – so gelingt's:
✔️ Sei konkret: „Du hast dir richtig Mühe gegeben, die Wörter deutlich auszusprechen!“
✔️ Lobe das Bemühen: „Du hast dich getraut, auch wenn du nicht sicher warst – das finde ich mutig.“
✔️ Zeige echtes Interesse: „Wie hast du das geschafft? Erzähl mal!“
✔️ Nutze Lob als Gesprächsanstoss: „Wie hat sich das für dich angefühlt?“
✔️ Halte Lob und Korrektur im Gleichgewicht: „Der Anfang war super, beim Ende schauen wir nochmal gemeinsam hin.“
✔️ Arbeite mit wiederkehrenden, liebevollen Symbolen: Sticker, Stempel oder Mini-Rituale geben Kindern Struktur – und machen Lernerfolge sichtbar, ohne Druck aufzubauen.
🌱 Fazit
Kinder brauchen uns als ehrliche Begleiter. Wenn wir sie loben, dann bitte mit Herz und Verstand – und nicht automatisch bei jeder Kleinigkeit.
Rituale wie Sticker und persönliche Sammelhefte können dabei helfen, wertschätzend und gleichzeitig echt zu bleiben.
Denn echtes Lob wirkt nur, wenn es auch echt gemeint ist.
Und Kinder merken sofort, wenn wir es ehrlich meinen.